Historisches Seminar
print


Navigationspfad


Inhaltsbereich

Integrationsprozesse am pfalzbayerischen Hof unter Kurfürst Karl Theodor (1777-1799)f unter Kurfürst Karl Theodor 1777-1799

Dissertationsprojekt von Anja Lochbrunner

Betreuer: Prof. Dr. Ferdinand Kramer

 

Im Zeitalter der Aufklärung geriet die barocke Prachtentfaltung an europäischen Fürstenhöfen in die Kritik und es setzte sich ein neues Herrscherbild vom Fürsten als „erstem Diener des Staates“ durch. Diese Arbeit untersucht, wie sich dies auf den Münchener Kurfürstenhof auswirkte und fragt nach dessen gesellschaftspolitischer Funktion am Ende des 18. Jahrhunderts. Da Kurfürst Karl Theodor von der Pfalz (1742–1799) nach dem Erbfall 1777/78 Kurbayern mit seinen angestammten Ländern vereinigte und mit einem Teil seines Mannheimer Hofstaats nach München übersiedelte, geht es dabei zum einen um die Bedeutung des zusammengelegten Hofes für die Integration des neuen Gesamtstaates. Zum anderen wird die Rolle des Hofes für die Herrschaftslegitimation in den Blick genommen, die angesichts einer ungewöhnlich starken Opposition gegen Karl Theodors Politik in Bayern von besonderer Wichtigkeit sein musste.

Zunächst werden anhand von Hofkalendern sowie Besoldungs- und anderen Verwaltungsakten Größe, Sozialstruktur und organisatorische Veränderungen des Münchener Hofstaats in Karl Theodors Regierungszeit erfasst. Daraus lässt sich schließen, welche Ziele der aufgeklärte Fürst mit seiner Hofhaltung verfolgte. Eine Analyse der Herkunft ausgewählter Gruppen des Personals zeigt, inwieweit Bewohner der einzelnen Landesteile und Angehörige der verschiedenen Stände am Hof als zentraler Institution des gesellschaftlichen Lebens integriert waren.

Anschließend wird die Praxis der Herrschaftsrepräsentation am Münchener Hof Karl Theodors anhand der Gestaltung ausgewählter repräsentativer Ereignisse des Hoflebens untersucht. Dabei werden öffentliche Auftritte im religiösen und kulturellen Alltag des Hofes, etwa Gottesdienstbesuche des Kurfürsten mit seinem Gefolge, ebenso behandelt wie Feierlichkeiten bei besonderen dynastischen Anlässen wie dem 50-jährigen Regierungsjubiläum Karl Theodors. Wichtig sind in diesem Zusammenhang auch Reisen des Herrschers, auf denen er mit einem Teil des Hofstaats an verschiedenen Orten innerhalb seiner Länder Präsenz zeigte. Diese Untersuchung stützt sich neben Verwaltungsakten zur Organisation der Ereignisse vor allem auf Beschreibungen in der Publizistik und den Berichten der auswärtigen Gesandten in München. Zusätzlich sollen private Korrespondenzen und Nachlässe einiger hofnaher Persönlichkeiten unterschiedlicher Herkunft ausgewertet und so die Wahrnehmung des Hoflebens aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet werden.