Historisches Seminar
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Motor der Medienzukunft. Filmpolitik und Filmförderung in Bayern von 1945 bis 1999

Dissertationsprojekt von Valentin Grundler

Betreuer: Prof. Dr. Ferdinand Kramer

 

„München ist eine Zentrale der deutschen Filmwirtschaft. Das bedeutet nicht nur einen Schwerpunkt geistig-ideeller Art, sondern auch einige tausend Arbeitsplätze. Die Staatsregierung wird ihre filmpolitischen Initiativen fortsetzen und ein bayerisches Filmförderungsprogramm vorlegen.“ (Franz Josef Strauß, Regierungserklärung vom 14.11.1978)


Die erste Regierungserklärung von Ministerpräsident Strauß vor dem Bayerischen Landtag am 14. November 1978 markierte den Startschuss für eine intensivierte Filmförderungspolitik in Bayern, die nach einem gescheiterten Bürgschaftssystem in den frühen 1950er-Jahren weitestgehend zum Erliegen gekommen war. Ursächlich für das neuentfachte filmpolitische Engagement Strauß‘ waren insbesondere wirtschaftliche Überlegungen, nachdem das Land Berlin 1978 ein eigenes Filmförderprogramm initiiert hatte, die Staatsregierung die bayerische Filmindustrie in Gefahr sah und eine Abwanderung von Betrieben sowie den Verlust zahlreicher Arbeitsplätze befürchtete.
Als Gegenmaßnahme wurde 1979/80 ein umfangreiches bayerisches Filmförderungsprogramm geschaffen, das zu Beginn jährlich 10 Millionen Mark in Form von bedingt rückzahlbaren Darlehen für Filmprojekte bereithielt. Es umfasste eine Projekt- und Drehbuchförderung und wurde schrittweise um eine Verleihförderung sowie Filmtheaterprämien erweitert. Außerdem beinhaltete es Investitionskredite für filmtechnische Betriebe, von denen etwa die Bavaria Film für den Ausbau ihres Studiogeländes in München-Geiselgasteig profitierte. Weiterhin zeichnete sich die staatliche Filmförderung durch die Stärkung des Film- und Medienstandorts München in Form einer zunehmenden Institutionalisierung (u.a. Filmfest München, Hochschule für Fernsehen und Film, CDU/CSU-Filmgespräch) sowie der Beteiligung des Freistaats an der Bavaria Film GmbH und der Schaffung des Bayerischen Film- und Fernsehpreises aus. Im Jahr 1996 wurde die Filmförderung in Bayern mit der FilmFernsehFonds Bayern GmbH als Public-private-Partnership neu aufgestellt.


Im Zentrum des Dissertationsprojekts steht die staatliche Filmförderung und filmpolitische Entwicklung in Bayern von 1945 bis 1999. Die Arbeit fragt sowohl nach den zentralen Akteuren aus Politik und Filmbranche und ihren Vernetzungen (Wer förderte?) als auch nach den wirtschafts- und kulturpolitischen Fördermaßnahmen, dem Gestaltungspielraum der Staatsregierung sowie Förderinstrumenten und -praktiken (Wie wurde gefördert?). Weiterhin sind die geförderten Spielfilme und Antragsteller (Was/Wer wurde gefördert?) sowie die Auswirkungen und (inter)nationale Ausstrahlung der bayerischen Filmförderung von Interesse. Hier sind der Filmstandort München/Bayern aber auch ausgewählte Filmproduktionen Gegenstand der Betrachtung.
Das Dissertationsvorhaben leistet einen Beitrag zur jüngeren bayerischen Zeitgeschichtsforschung und untersucht die Filmförderung in Bayern vor dem Hintergrund wirtschafts- und kulturpolitischer Transformationsprozesse in den 1970er bis 1990er Jahren, wobei sie als Ausdruck gesellschaftlicher wie ökonomischer Modernisierung verstanden wird. Das Forschungsdesign erlaubt neue Erkenntnisse über die Gestaltungskraft politischen Handelns in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts und trägt außerdem zu einem tieferen Verständnis der Vernetzung zwischen Politik und Film-/Medienbrache bei. Die Konzentration auf das filmpolitische Engagement der Staatsregierung im Zuge einer intensivierten Medienpolitik seit der Ära von Ministerpräsident Strauß beleuchtet schließlich auch eine bislang kaum berücksichtigte Perspektive der Landes- und Parteiengeschichte.


Bisher kaum herangezogene reichhaltige Quellenbestände aus der Provenienz bayerischer Ministerien (Bayerisches Hauptstaatsarchiv), dem Archiv für Christlich-Soziale Politik (ACSP), des Bayerischen Rundfunks, der Hochschule für Fernsehen und Film (HFF), einzelner Filmschaffender sowie aus privater Überlieferung bieten eine ergiebige Grundlage zur Beantwortung der aufgeworfenen Fragen. In Ergänzung hierzu ist es möglich, zentrale Akteure in Zeitzeugengesprächen zu interviewen. Einen weiteren Quellenkorpus bilden die Filmproduktionen selbst. Methodisch orientiert sich die akteurszentrierte Studie an der historischen Netzwerkforschung sowie der Oral-History.