Historisches Seminar
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Herrschaft und Ressourcen zwischen der Grenze und der Residenz. Das Landgericht Tölz vom Mittelalter bis in das frühe 19. Jahrhundert.

Dissertationsprojekt von Stefan Huber

Betreuer: Prof. Dr. Ferdinand Kramer

 

Ziel des Promotionsvorhabens ist es, die Herrschafts- und Verwaltungsgeschichte im ehemaligen bayerischen Landgericht Tölz vom frühen Mittelalter bis in das frühe 19. Jahrhundert im Rahmen einer historisch-topographischen Landesbeschreibung zu erschließen. Ein Schwerpunkt soll dabei auf die herrschaftliche Organisation und Verwaltung von natürlichen Ressourcen gelegt werden.


Die Arbeit untersucht zuerst die herrschaftlichen Verhältnisse (Wer waren die Herrschaftsträger? Auf welche Rechte und Konzepte stützte sich ihre Herrschaft? Wie und warum veränderte sich die herrschaftliche Organisation?) und daran anschließend die Verwaltungsstrukturen im Untersuchungsgebiet. Darauf aufbauend kann dann die Verwaltung der natürlichen Ressourcen in den Blick genommen werden (Welche Rolle spielten herrschaftliche Akteure und gesellschaftliche Machtverhältnisse bei der Nutzung von natürlichen Rohstoffen? Wer bestimmte über die Nutzung von Ressourcen? Wer verwaltete und sicherte die Versorgung mit Rohstoffen und nach welchen Kriterien? Wie wurden Nutzungskonflikte ausgetragen?)


Im Mittelpunkt des Vorhabens steht das ehemalige Landgericht Tölz und seine räumliche Vernetzung. Die Landgerichte, Vorläufer der heutigen Landkreise, spielten als landesherrliche Unterbehörden eine entscheidende Rolle für die Ausübung der Herrschaft vor Ort. Tölz liegt ca. 40 Kilometer südlich von München im oberbayerischen Voralpenland an der Grenze zu Tirol und ist über den Fluss Isar eng mit München verbunden. Die naturräumlichen Gegebenheiten prädestinierten den Raum Tölz dazu, Ressourcen wie Holz, Holzkohle, Vieh und Lebensmittel für die Versorgung der bayerischen Residenz- und Hauptstadt zur Verfügung zu stellen.
Der Untersuchungszeitraum reicht vom Mittelalter bis in die Anfänge des 19. Jahrhunderts, bevor sich mit der Industrialisierung die raumbildenden Kräfte auch für Tölz substanziell veränderten. Der lange Zeitraum ermöglicht es, die Fragestellungen über die Epochengrenzen hinweg zu verfolgen.
Die Ausrichtung der Arbeit auf Herrschaft und Verwaltung legt es nahe, das Verwaltungsschriftgut der verschiedenen Herrschaftsträger in das Zentrum der Analyse zu stellen. Güterverzeichnisse, Steuerlisten, Kataster und Grenzbeschreibungen erschließen die herrschaftlichen Verhältnisse; für die Verwaltungspraxis der Ressourcen werden zudem Gerichtsliteralien, Briefprotokolle und die Bestände des Forstamts Tölz herangezogen.


Die vorgestellten Fragestellungen knüpfen an die Neue Kulturgeschichte des Politischen, bei der herrschaftliche Praktiken und Normen im Vordergrund stehen, an. Der Umgang mit natürlichen Ressourcen wird vor allem in Arbeiten der Umweltgeschichte, die Mensch-Umwelt-Beziehungen in den Blick nehmen, untersucht. Die räumlichen Dimensionen der Ressourcenversorgung spielen in der Stadt-Umland-Forschung eine Rolle.
Das Promotionsvorhaben ist eingebettet in den „Historischen Atlas von Bayern“, ein Langzeit-Forschungsprojekt der bayerischen Landesgeschichte, das epochenübergreifend herrschaftliche, wirtschaftliche und soziale Fragestellungen zur Geschichte des Landes in seinen einzelnen Landgerichten behandelt. Methodisch wird dabei ein interdisziplinärer Ansatz verfolgt, besonders die Mittel der historischen Geografie (z. B. digitale Georeferenzierung historischer Daten mithilfe eines geographischen Informationssystems) führen zu räumlich differenzierten Erkenntnisgewinnen.