Herrscher im Ruhestand. Herzog Wilhelm V. von Bayern nach seiner Abdankung (1597-1626)
Dissertationsprojekt von Tassilo Soos
Betreuer: Prof. Dr. Ferdinand Kramer
Die Abdankung ist nicht nur ein Phänomen, das in der älteren Forschung wenig beachtet wurde, sondern auch ein Einschnitt, der eine neue Lebensphase einleitet. Nur sehr wenige Fürsten der Frühen Neuzeit gaben ihre Position vorzeitig auf, um sich aus der Politik in einen neuen Lebensabschnitt zurückzuziehen. Am bekanntesten ist Kaiser und König Karl V., der sich nach 40 Regierungsjahren 1556 in ein spanisches Kloster zurückzog und dort seine beiden letzten Lebensjahre verbrachte. Seinem Vorbild sollte der bayerische Herzog Wilhelm V. folgen, der von 1579 bis 1598 knapp 20 Jahre regierte, aber nach seinem Rückzug deutlich länger, fast 30 Jahre, das Leben eines vermeintlichen Pensionärs führen sollte.
1595 leitete Wilhelm V. nicht zuletzt auf Druck der Stände vor dem Hintergrund des bevorstehenden Staatsbankrotts einen Prozess ein, der zunächst zur Regierungsbeteiligung seines Sohns Maximilian, dann zur Abdankung 1597 und schließlich zur vollständigen Übergabe der Regierungsgeschäfte an seinen Sohn Maximilian I. im Jahr 1598 geführt hatte. Für das nun anschließende Leben Wilhelms gab es sowohl in der bayerischen Geschichte als auch in europäischer Perspektive kaum Vorbilder. Die ältere Forschung, beruhend auf der zeitgenössischen Lebensbeschreibung des Andreas Brunner, sah in Wilhelm nun vor allem einen zurückgezogenen Einsiedler, der in Schleißheim sein Leben der religiösen Andacht widmete.
Das Promotionsprojekt möchte einerseits aufbauend auf den bisherigen Forschungen die Frage nach der Ursache für Wilhelms Abdankung neu beleuchten und zum anderen den Fokus auf den neuartigen Lebensabschnitt nach dem Rückzug von der Regierung legen. Hier wird basierend auf den Aufenthaltsorten, Alterssitzen und Reisen Wilhelms nach der Lebenswelt des abgedankten Herrschers im Schatten des Hofes seines nun regierenden Sohnes gefragt. Des Weiteren soll durch die Analyse der umfassenden Korrespondenz Wilhelms V. sein Ego-Netzwerk weitgehend rekonstruiert werden und den weiteren Einflussmöglichkeiten und Einflussnahmen Wilhelms auf die innerbayerische aber auch europäische Politik nachgefühlt werden.