Historisches Seminar
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Deindustrialisierung und Geschlecht. Industriearbeit, Familienstrukturen und Geschlechteridentitäten

Dissertationsprojekt von Helena Schwinghammer

Betreuer: Prof. Dr. Andreas Wirsching

 

Dem Dissertationsprojekt von Helena Schwinghammer liegt die These zugrunde, dass Frauen von den Transformationsprozessen, die durch die Deindustrialisierung in Gang gesetzt wurden, stärker betroffen waren als Männer, dass Individualisierung und Retraditionalisierung Hand in Hand gingen und sich mit Prekarisierungsphänomenen überschnitten. Davon ausgehend fragt das Teilprojekt nach den Triebkräften der Transformation von Geschlechteridentitäten in Arbeitermilieus und eruiert im intersektionalen Zugriff die Bedeutung, die Arbeit in Relation zu anderen identitätsprägenden Faktoren zukam. Der Untersuchungszeitraum erstreckt sich von den frühen 1970er Jahren bis zur Finanzkrise 2008. Mit dem bayerisch-sächsischen Vogtland kommt eine der für die Bundesrepublik bedeutenden ländlich-mittelstädtisch geprägten Regionen in den Blick, die einen starken Deindustrialisierungsschub erlebte, ohne ihre industrielle Prägung zu verlieren, und in der eine weiblich geprägte Industrie dominierte. So kann die Transformation von Geschlechterverhältnissen deutsch-deutsch vergleichend und verflechtungsgeschichtlich analysiert werden. Während sich der Deindustrialisierungsprozess der Textilindustrie im Westen zudem über Jahrzehnte erstreckte, brach die ostdeutsche Textilindustrie nach 1989/90 unvermittelt zusammen, so dass sich ökonomischer Wandel und Systemtransformation überlagerten.
Das Teilprojekt verbindet die Arbeit mit archivarischen Quellen und die Auswertung von seriellen sozioökonomischen Datensätzen des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP). Es fungiert durch die Kombination von digitaler und klassischer Hermeneutik als sozialhistorische Pilotstudie für die jüngste Zeitgeschichte.